Meinung: Der neue fortwo – Thomas

Das smartpit-Team saß am Frühstückstisch in Cascais, als die ersten Bilder des neuen smart fortwo im Internet auftauchten. Es war klar, daß diese Aufnahmen echt waren, ein Leak. Als ich die Fotos sah, blieb mir mein Brötchen im Hals stecken: Ein smart mit Schnauze? Das ist Verrat am ikonischen smart Design! Ich war fassungslos. Ich konnte es nicht glauben, daß smart das one-box-Design hinter sich lässt. Meine smartpit Kollegen verstanden mich nicht: “Sieht doch klasse aus, der Kleine”. “Das ist kein smart mehr”, dachte ich. Aber gut, warte ich einfach mal den Freitag Abend ab, wenn Frau Dr. Winkler das Fahrzeug live zeigt – vielleicht sind ja nur die Fotos nicht ganz optimal.

Am Freitag Abend musste ich erkennen, daß die Fotos der Realität entsprechen. Frau Dr. Winkler fährt persönlich mit dem neuen fortwo auf die Bühne. Ein fortwo mit Schnauze. Sie steigt aus und ruft in die Menge: „smart-Fans, wie gefällt euch das neue Auto?“ Die Antwort ist laut und deutlich: Tosender Applaus, die Menge jubelt.

smart fortwo cascais

Ein Tag später. Aufstellung zur smart Parade auf der Rennstrecke in Estoril. Wir treffen zufällig Frau Dr. Winkler, die sich – wie immer – frei zwischen den Teilnehmern der smart times bewegt. Sie erkennt das smartpit-Team von unserem Interview im letzten Jahr und fragt, wie uns der neue fortwo gefällt. Ich schweige. Sie lässt den neuen fortwo holen, um ihn den smart Fans persönlich vorzuführen.

smart fortwo Estoril 1

Ich stehe zum ersten Mal direkt vor dem Neuen. Die Schnauze wirkt kleiner als am Abend zuvor auf der Bühne. Die Form der Haube hat einen gelungenen Schwung bis in die Kotflügel, der sich über die Türen hinweg bis zu den Rückleuchten zieht. Bullig ist er und steht satt auf der Straße. Das Heck ist breit und knackig. Frau Dr. Winkler bittet mich, im fortwo Platz zu nehmen. Ausgerechnet mich. Ich setze mich hinter das Lenkrad. “Der Innenraum ist ja wirklich groß”, ist mein erster Gedanke.

Frau Dr. Winkler nimmt auf dem Beifahrersitz platz. Voller Begeisterung zeigt sie mir die Details: Die Schublade in der Mittelkonsole, wie leicht und spielerisch die Luftdüsen bedient werden können, zeigt mir mit schnellen Bewegungen, wie das Multimediasystem funktioniert – und erklärt, daß 5 Airbags, Bordcomputer, Tempomat, Seitenwindassistent, Isofix und LED-Tagfahrlicht schon in der kleinsten Ausstattung für rund 11.000 Euro serienmäßig enthalten sind – neben ABS, ESP, elektrischen Fensterhebern, Zentralverriegelung und vielem mehr natürlich.

Mein Blick bleibt auf der Mittelkonsole hängen – kein Zündschloss mehr. Der Grund ist klar: Da es den smart jetzt auch als Handschalter gibt, kann das Schloss in der Mittelkonsole nicht mehr den Tiptronic-Wählhebel verriegeln. Aus Versicherungsgründen musste ein Lenkradschloss her.

Während ich noch dem Zündschloss nachtrauere, springt Frau Dr. Winkler aus dem Fahrzeug und legt mit einem flotten Handgriff die Beifahrersitzlehne um: “Schauen Sie mal, wie flach das jetzt ist!” ruft sie mir freudestrahlend zu.

Ich erwische mich dabei, wie ich die Oberflächen im Innenraum anfasse, die neuen Schalter und Schieberegler betätige und dann das dicke, griffige Lenkrad mit ausgestreckten Armen festhalte. Mir dämmert, daß der Neue fortwo eine neue Ära einläutet. Der Neue ist kein Minimalauto mehr. Reduce to the max wie beim Ur-smart? Nein, hier ist nichts maximal reduziert. Der Innenraum ist ein Highlight, das selbst in höheren Klassen seinesgleichen sucht, sowohl von der Optik als auch von Komfort und Ausstattung.

smart fortwo Estoril 2

Ich steige aus, Frau Dr. Winkler führt den fortwo dem nächsten Interessenten vor. Es hat sich mittlerweile eine Menschentraube um die Fahrertür des fortwo gebildet.

Ich gehe um das Auto herum und lasse es auf mich wirken. Dabei höre ausschließlich positive Kommentare: “Endlich ist die Heckklappenentriegelung sauber gelöst” sagt einer. “Schaut mal, das Lenkrad ist höhenverstellbar! Und der Sitz auch!” “Die Tür fällt satt ins Schloss, nix scheppert mehr” “Die Heckscheibe hat endlich einen Griff mit Taster zum Entriegeln” “Man kann die Serviceklappe abschließen” “Da sind Spiegel in Fahrer- UND Beifahrersonnenblende!” “Der Innenraum ist endlich wieder so schön wie damals bei der Kugel” “Nee, schöner” ruft ein anderer.

Mir wird klar: wenn man den neuen fortwo nur auf den ersten Blick von außen beurteilt, wird man dem Fahrzeug nicht gerecht. Der Hersteller hat etwas viel Wichtigeres getan, als die Silhoutte der Vorgänger weiterzuführen – smart hat endlich seinen Kritikern und seinen Kunden zugehört. Alles, aber auch wirklich alles, was ich jemals an Detail-Kritik am smart fortwo gehört habe – es wurde im C453 behoben.

Am Abend nach der Parade schaue ich mir Fotos von der Premierenshow in Berlin an. Da gibt es ein paar Fotos, wo er gut aussieht – trotz Schnauze.

Vorstellung fortwo forfour 2014 Sandro

Ich suche Videos vom fortwo. Dabei stolpere ich über das #WhatAreYouFOR video:

http://youtu.be/a-01GwKaoDI

“FOR – sei FÜR etwas. Gegen etwas zu sein ist einfach – aber für etwas zu sein, ist eine Haltung, die die Welt verändern kann.”

Ich frage mich: warum bin ich eigentlich gegen den neuen fortwo? Vielleicht weil er anders ist als der Alte? Oder weil er anders ist, als ich es erwartet habe? Wenn ich so darüber nachdenke… eigentlich fand ich 1997 auf der IAA den Ur-smart auch furchtbar – bis ich mich 1998 mal in einen reingesetzt habe.

Mittlerweile sind einige Tage seit meiner ersten Begegnung mit dem neuen fortwo vergangen. Seit letztem Donnerstag ist der Konfigurator online. Der Innenraum der prime-Ausstattungslinie ist wirklich gelungen. Und wenn man den Kleinen außen einfarbig wählt, sieht er schon irgendwie viel besser aus. Auf der Website sind auch Fotos von oben zu sehen. Da fällt auf, wie breit der Neue ist – und wie kurz die Schnauze tatsächlich ist. Sie musste ja sein, hieß es. Wegen dem Fußgängerschutz – soll man sich darüber wirklich ärgern?

smart fortwo von oben

Nachdem ich über eine Stunde im Konfigurator verbracht habe und mir den Neuen von allen Seiten angeschaut habe, erscheint mir die Form schon vertrauter. Ich scrolle nach unten – da taucht ein Foto vom alten fortwo auf. Ich betrachte mir die kurze, steil abfallende Schnauze, die ich schon hunderte oder tausende Male gesehen habe – und zum ersten Mal denke ich: “sieht schon irgendwie komisch aus, der Alte.”

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