Im ersten Teil der Entstehungsgeschichte des smart haben wir den Ursprung der Idee beleuchtet. In Teil 2 soll es darum gehen, wie aus dem „Mercedes City Car“ der „smart“ wurde.
Es ist Dezember 1992: Swatch Erfinder Nicholas Hayek arbeitet seit einem Jahr mit VW an seiner Idee des „swatchmobils“. Doch dann tritt der pragmatisch denkende Ferdinand Piëch an die Spitze des Volkswagenkonzerns und bezeichnet Hayeks Konzept offen als „Elefantenrollschuh“. In seiner vor einigen Jahren erschienenen Autobiografie tritt Piëch verbal nach: „Ich empfinde den Smart heute noch als Prothese.“ – Über seinen missglückten Gegenentwurf zum smart, dem gefloppten Kleinstwagen VW Fox, verliert Piëch dabei kein Wort.
Als sich Hayeks Rauswurf bei VW abzeichnet, wendet er sich an Mercedes-Benz. Dort trifft er auf offene Ohren, denn Johann Tomforde arbeitete bereits seit Jahren an einem umweltfreundlichen Zweisitzer mit Platz für zwei Getränkekisten. Für Hayek war das swatchmobil plötzlich zum Greifen nah.
Er sah seine Chance und unterzeichnete 1994 die Verträge mit Mercedes-Benz. Das Joint Venture, die „Micro Car Company“ startet am 1. Juni 1994 mit der Entwicklung des swatchmobils. Losgelöst von der Mercedes-Benz Formensprache entstehen unkonventionelle Konzepte.
Auch bei der Fertigung geht MCC neue Wege. Nicht der Hersteller selbst fertigt die Module und Komponenten, sondern die Zulieferer. So wird im neu errichteten Werk smartville in Hambach nur das zusammengeschraubt, was die Zulieferer nach Vorgabe fertigen. 10 Prozent Fertigungstiefe sind bis heute im Automobilbau einmalig.
Ein ebenfalls hoch bewerteter Faktor bei der Entwicklung des smart: Die passive Sicherheit. Die markante Tridion Sicherheitszelle wird entwickelt, um die Insassen optimal zu schützen. Die Zelle gibt dem smart sein charakteristisches Aussehen und sorgt zusammen mit den speziell entwickelten Knautschzonen bis heute für herausragende Ergebnisse bei den Crashtests.
Die Öffentlichkeit wird in den Jahren 1995 bis 1997 mit drei Konzeptfahrzeugen an die neue und ungewöhnliche Form des smart herangeführt. Die in Atlanta und Frankfurt gezeigten Showcars sollen vor allem das überraschend großzügige Innenraumkonzept des vergleichsweise winzigen Zweisitzers vorstellen. Auch die Tridion Sicherheitszelle ist bereits erkennbar.
Parallel dazu werden Fahrdynamiktests und Erprobungsfahrten mit stark getarnten Prototypen durchgeführt. Die technisch bereits seriennahen Fahrzeuge spulen tausende von Kilometern ab. Sowohl in eiskalten Schneelandschaften als auch in extrem heißen Wüstenregionen wird der smart intensiv getestet.
1997 erscheinen in den einschlägigen Magazinen bereits Erlkönigfotos des nur noch gering getarnten smarts. Das fertige Fahrzeug wird im Herbst 1997 auf der IAA in einer Seitenhalle des Mercedes-Standes enthüllt und die Markteinführung soll Anfang 1998 stattfinden. Alles scheint reibungslos zu laufen. Doch dann passiert etwas, womit niemand rechnen konnte.
Morgen geht es weiter im dritten und letzten Teil: Warum der smart vor Markteinführung nochmals komplett überarbeitet wurde – und wie sich sein Äußeres dadurch veränderte.
Quellen: daimler.com, autobild.de, Auto&Design Magazin, Zeit